Die tiefgreifende Transformation der Finanzindustrie in den vergangenen Jahren - sowohl in der Regulierung als auch im Markt - hat bei vielen Akteuren zu steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen geführt und sich direkt auf Geschäftsmodelle ausgewirkt. Allein die Regulierungskosten für den Bankensektor haben laut einer Studie von Regnology, die zusammen mit Chartis Research im Jahr 2018 durchgeführt wurde, eine Höhe von 70 Milliarden USD erreicht.

Und trotz diesen beträchtlichen Ausgaben für das regulatorische Reporting der Finanzinstitute und der Versuche der europäischen Aufsichtsbehörden das regulatorische Regelwerk zu harmonisieren, leidet der Themenkomplex Bankenregulierung nach wie vor unter einem Mangel an Datenqualität. Hauptthemenfelder sind historisch gewachsene IT-Systeme, Schwierigkeiten bei der Organisation der Zusammenarbeit von Finanzinstituten im Bereich der Standardisierung von Datenmodellen sowie ein Mangel an funktionierenden Outsourcing-Lösungen.

Drei große Trends werden die Bankenregulierung in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus unserer Sicht prägen:

  • Granularität, Near-to-real-time-Meldeanforderungen und dreifache Buchführung
  • Standardisierung von Datenmo­dellen und Datenverarbeitungslogiken
  • „Coopetition“ im Finanzsektor

Trend 1: Granularität, Near-to-real-time-Meldeanforderungen und dreifache Buchführung.  

In der Vergangenheit mussten die Institutionen Daten in Templates melden, die nach bestimmten Kriterien sortiert und aggregiert und in bestimmten Intervallen geliefert werden mussten. Gegenwärtig sehen wir einen klaren Trend weg von der Sammlung aggregierter Daten hin zur Abfrage granularer Datensätze, die zeitnah gemeldet und auf detaillierter Ebene validiert werden müssen, z.B. transaktionsbasierte Reportings für Derivate oder das europaweite Kreditregister AnaCredit. Dieser Trend stellt den Aufsichtsbehörden eine umfassende Datengrundlage zur Verfügung, die anhand einer Vielzahl verschiedener Merkmale flexibel und effizient für die Überwachung der Finanzmärkte genutzt werden kann.Auch immer weiter in den Fokus der Aufsichtsbehörden rückt, dass die granularen Datensätze einer Transaktion zwischen zwei Institute direkt komplementär zueinander sein müssen. Dies bezeichnet man auch als dreifache Buchführung, da es perspektivisch den direkten Abgleich von Bilanzpositionen des einen Institutes mit Positionen des anderen Instituts erlaubt.

Trend 2: Standardisierung von Datenmo­dellen und Datenverarbeitungslogiken.

Klar definierte Standards für Datenmodelle und die damit verbundene Datenverarbeitungslogik sind notwendig, um die Regulierungsbehörden mit flexiblen, zeitnahen und granularen Daten zu versorgen. Trotz vieler Projekte wie BIRD und IReF auf europäischer Ebene und eines klaren Mandats des Gesetzgebers nach Artikel 430(c) der CRR II sind die Fortschritte hier bisher bescheiden. Gegenwärtig werden die gleichen Informationen mehrfach für verschiedene Frameworks (z.B. Liquidität, Solvenz, Statistik) abgefragt. Stattdessen sollte mindestens ein standardisiertes Ausgabedatenformat festgelegt werden, das die notwendigen Informationen für einen Geschäftsdatensatz definiert. So wird der Regulator in die Lage versetzt, all seine Aufgaben im Bereich der bereits existierenden regulatorischen Frameworks zu erfüllen. In vielen Fällen wäre es sogar sinnvoll, ein Eingabedatenformat zu definieren, auf dessen Grundlage die Daten einheitlich verarbeitet werden können.

Trend 3: „Coopetition“ im Finanzsektor.

Die Banken konkurrieren sowohl im Kern- als auch im Nicht-Kerngeschäft. Während der Wettbewerb im Kerngeschäft der zentrale Erlöstreiber sein sollte, ist der Wettbewerb im Nicht-Kerngeschäft oft wenig sinnvoll. In der Bankenregulierung trägt er weder zum individuellen Geschäftserfolg noch zur gesellschaftlichen Wohlfahrt bei. Aus diesem Grund wird ein Zustand der "Coopetition" gefordert, d.h. Wettbewerb im Kerngeschäft und Kooperation im Nicht-Kerngeschäft, bei dem die Ressourcen im Nicht-Kerngeschäft geteilt werden, um die Kosten zu senken. „Coopetition“-Modelle werden im Finanzsektor durch die zunehmende Digitalisierung, den Ausbau von Cloud-Infrastrukturen, die Zunahme von Rechen- und Speicherkapazitäten und die Weiterentwicklung von Plattform-Geschäftsmodellen interessanter. Im Falle von regulatorischem Reporting könnten sich die Banken beispielsweise erhebliche Teile der Kosten für IT-Infrastruktur, IT-Betrieb, IT-Wartung, IT-Lizenzen, sowie regulatorischer Analysen und deren Konzeption teilen.

Transformation von Managed Services zur RegTech Factory - der logische nächste Schritt

Unserer Meinung nach ist ein Joint-Utility-Modell in Verbindung mit  Standardisierung und Granularisierung von Datenlieferung und -verarbeitung die einzige Möglichkeit, der regulatorischen Welle entgegenzuwirken und die Kosten der Regulierungs nachhaltig zu senken. Unsere RegTech Factory ist eine umfassende, modulare und individuell konfigurierbare Form unseres Managed Services-Angebot, die Zusammenarbeit zwischen unseren Kunden belohnt. Die RegTech Factory baut auf unserem bestehenden Managed Services-Angebot auf, unterstützt den Meldeprozess und/oder das Anwendungsmanagement der Meldewesensoftware und erweitert es um gemeinsam von mehreren Banken  genutzte Infrastruktur-Dienstleistungen. Durch die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur-Dienstleistungen und Regulatory-Reporting-as-a-Service-Angeboten können die Banken Kosten und Aufwand für den Betrieb des Meldewesens reduzieren - sowohl auf der IT-Seite als auch auf der funktionalen Seite. Dies führt zu "Economies of Share"; Synergien aus der gemeinsamen Nutzung von Computerkapazität und Fachwissen im Bereich des Meldewesens führen zu Kosteneinsparungen für die teilnehmenden Kunden.

Durch die gemeinsame Nutzung einer Infrastruktur werden Rechnerkapazitäten nur dann genutzt, wenn sie benötigt werden. Damit rückt auch die Anwendung von "öffentlichen" oder "privaten" Clouds in den Fokus, um den Nutzern weitere Elastizität herzustellen. Darüber hinaus ermöglicht die softwareseitige Einführung von Distributed Computing - auch als horizontale Skalierung bezeichnet - zukünftig eine erhöhte Skalierbarkeit bei reduzierten Hardwareanforderungen. Durch den Einsatz dieser Technologie kann die RegTech Factory vom Umstand profitieren, dass nicht alle Teilnehmer zu jeder Zeit die volle Rechenleistung benötigen.

Des Weiteren erlaubt die Nutzung der gemeinsamen RegTech Factory das Aufbauen eines Regulatory-Reporting-Netzwerks bestehend aus einem Konsortium von Banken. Durch den Wissensaustausch und die kontinuierliche Erweiterung des Netzwerkes kann das Konsortium De-Facto-Industriestandards im Meldewesen setzen und so die Entwicklungen im Bereich Bankenregulierung aktiv fachlich und technisch mitgestalten.

Moritz Plenk

Moritz Plenk

Digitale, vollintegrierte und automatisierte "Meldewesenfabrik"

Unsere internationale RegTech Factory hilft beteiligten Banken und Finanzdienstleistern, erhebliche Skaleneffekte zu realisieren.

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