Seit 2004 hat das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch (interest-rate in the banking book – IRRBB) besonders hinsichtlich regulatorischer Anforderungen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Diese stetig zunehmende Bedeutung zeigt sich vor allem in der höheren Frequenz und dem wachsenden Umfang der Regulierung. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) hat sich mit seinen Grundsätzen für das Management und die Überwachung von Zinsänderungsrisiken (Principles for the management and supervision of interest rate risk, (BCBS 108) mit Zinsänderungsrisiken aus Nichthandelsgeschäften sowohl bei Kreditinstituten als auch bei Investmentgesellschaften befasst. Die überarbeiteten Leitlinien (BCBS 368) wurden im April 2016 veröffentlicht - die entsprechenden EU-Anforderungen werden regelmäßig überarbeitet und erweitert.

Im Juli 2018 hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihre neusten überarbeiteten Leitlinien für das Management des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch (EBA/GL/2018/02) veröffentlicht. Diese sollten zusammen mit den Änderungen der Kapitaladäquenzverordnung und Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Regulation – CRR; Capital Requirements Directive – CRD) und den daraus resultierenden EBA-Auflagen für technische Standards die neusten BCBS Standards umsetzen. Die Leitlinien der EBA sind Teil einer umfassenden Überprüfung der Maßnahmen der Säule 2. Die Überarbeitungen der Leitlinien umfassen die überarbeiteten gemeinsamen Verfahren und Methoden des aufsichtsrechtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (supervisory review and evaluation process – SREP) und den aufsichtsrechtlichen Stresstest (EBA/GL/2018/03) sowie die Leitlinien zu den Stresstests der Institute (EBA/GL/2018/04). Die EBA legt damit die Erwartungen der Aufsichtsbehörden an die Mess-, Steuerungs- und Governance-Vereinbarungen und ihre Berücksichtigung im Rahmen des Verfahrens zur Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals (internal capital adequancy assessment process – ICAAP) dar.

Die überarbeiteten Leitlinien spiegeln nicht nur die Entwicklungen der BCBS Standards wider, sondern präzisieren auch die Anforderungen an das interne Kontrollsystem und die regulatorischen Ausreißertests. Neben den neuen Definitionen wurden auch detaillierte Anforderungen an die Kapitalallokation für das Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch zur Berücksichtigung ungünstiger Entwicklungen des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals (economic value equity – EVE) und des Zinsüberschusses (net interest income – NII) aufgenommen. Darüber hinaus müssen die Aufsichtsbehörden mit einem "Frühwarnsignal“ informiert werden, wenn der Rückgang des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals (EVE) 15% des Kernkapitals übersteigt. Es gibt außerdem neue Regeln für eine angemessene Bewertung des Zinsrisikos neuer Produkte im Anlagebuch (z.B. Zinsderivate), für Rückstellungen für währungsspezifische Schocks für wesentliche Positionen in Fremdwährungen, eine explizite Rückstellung für Institute zur Berücksichtigung negativer Zinsen im Niedrigzinsumfeld, und die Integration von sechs Schockszenarien für den vom BCBS vorgeschlagenen Ausreißertest. Darüber hinaus muss das Credit-Spread-Risiko im Anlagebuch (credit spread risk in the banking book - CSRBB) nun identifiziert, gemessen, überwacht und gesteuert werden.

Die IRRBB-Leitlinien der EBA ersetzen die im Mai 2015 veröffentlichten Leitlinien (EBA/GL/2015/08) und gelten ab dem 30. Juni 2019 mit einer Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2019. Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Übersetzungen haben die zuständigen Behörden zwei Monate Zeit, ihre Pläne zur Umsetzung der neuen Leitlinien vorzulegen oder zu begründen, warum sie die Vorschriften nicht befolgen wollen. Die kurze Umsetzungsphase zeigt deutlich, wie wichtig die neuen Leitlinien für die Aufsicht sind.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat zunächst Teile der Leitlinien (EBA/GL/2015/08) mit dem Rundschreiben 09/2018 umgesetzt. Die Änderungen, die sich aus diesem BaFin-Rundschreiben ergeben, umfassen die Abschaffung des „alternativen Verfahrens und verpflichten die Banken Zinsrisiken sowohl aus ökonomischer als auch aus ertragsorientierter Sicht zu messen und zu melden. Aktuell hat die Bafin mit dem Rundschreiben 06/2019 das alte Rundschreiben abgelöst. Mit dem neuen Rundschreiben werden weitere Teile der EBA Leitlinien umgesetzt. Zum Beispiel werden weitere Zinsszenarien, eine Zinsuntergrenze kleiner null sowie die Berücksichtigung zusätzlicher Positionen gefordert. Die neuen Regeln des Rundschreibens werden zum 31.12.2019 gültig.

Im Rahmen der Risikofunktionalitäten in Abacus360 Banking bietet Regnology Module für die Quantifizierung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch (IRRBB) an, die vollständig in die 360° Lösung integriert sind. Abacus360 Banking Risk berechnet das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch aus der EVE-Perspektive, die den langfristigen Effekt von Zinsänderungen misst, sowie aus der NII-Perspektive, die den periodischen Zinsüberschuss misst.

Die IRRBB Module dienen der Berechnung der großen Zinsrisiken wie OptionsrisikoZinsanpassungsrisikoZinsstrukturkurvenrisiko, Basisrisiko und Credit Spread Risiko.

  • Das Zinsanpassungsrisiko wird in Zeiten steigender oder sinkender Zinsen generiert, während die Zinsen für Verbindlichkeiten, vor denen für Forderungen steigen oder abnehmen.
  • Das Zinsstrukturkurvenrisiko wird durch nichtparallele Verschiebungen (Steigung und Form) der Zinsstrukturkurve verursacht und beeinflusst damit die Bewertung von allen zinstragenden Finanzinstrumenten.
  • Das Optionsrisiko tritt durch potenziell nachteilige Preisänderungen bei expliziten Optionen oder Finanzinstrumenten mit eingebetteten Optionen aus einer Zinsänderung auf. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Optionen, deren Ausübung vom Verhalten abhängt, z. B. nach BGB 489 oder anderen Sonderrückzahlungsrechten.
  • Das Basisrisiko ergibt sich aus der Bewertung von Finanzinstrumenten mit mehreren Referenzkurven und kommt in drei Formen vor: Die Zinsänderungen werden in denselben Laufzeiten mit zwei oder mehr Referenzkurven (Referenzratenbasisrisiko), in verschiedenen Laufzeiten der gleichen Referenzkurve (Laufzeitbasisrisiko / kurzfristiges nichtparalleles Lückenrisiko) oder in gleichen Laufzeiten der gleichen Referenzkurve, aber in einer anderen Währung (Währungsrisiko) gezeigt.
  • Bei dem Credit Spread Risiko Banking Book (CSRBB) handelt es sich um das Risiko, das aus Marktpreisänderungen kreditrisikobehafteter Positionen auf Grund der Ausweitung von Spreads (Credit Risk, Liquidity Premium) entsteht.

Kontakt